Drei neue „Stolpersteine“ erinnern ab heute an die Familie Levison.

Sie erinnern an die jüdische Familie Levison, die hier lebte. Der Vater, Norbert Levison, starb 1944 im Warschauer Ghetto. Die Mutter Erna Levison, geborene Kahn und die gemeinsame Tochter Ulla wurden 1943 in Auschwitz ermordet.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projektkurses Geschichte der MLKG waren bei Recherchen im Stadtarchiv Ratingen auf ihr Schicksal aufmerksam geworden. Da die Levisons bei einer ersten „Stolpersteine“-Verlegung im Jahr 2005 unberücksichtigt geblieben waren, beschloss der Projektkurs, eine Patenschaft zu übernehmen. Die Martin-Luther-King Gesamtschule gab daraufhin bei dem Kölner Künstler und Initiator der Aktion, Gunter Demnig, die Herstellung der Gedenktafeln in Auftrag.
Unter der Leitung von Herrn Murillo und Herrn Urbaniak hatten die Projektteilnehmer die auffindbaren Informationen und Daten zusammengetragen:
Das Ehepaar Levison hatte im Jahr 1934 geheiratet und war zu den Eltern der Braut in die Bechemer Straße gezogen. Die Kahns betrieben im Haus gegenüber (Am Markt 22) ein Haushaltswarengeschäft. Im Jahr 1936 wurde die Tochter Ursel, genannt Ulla, geboren. Wie alle Ratinger jüdischen Glaubens wurden auch die Kahns und Levisons von den Nationalsozialisten bedrängt und diskriminiert. Im Jahr 1938 wurde ihnen schließlich das Ladenlokal entzogen. So zwang man sie, die Stadt zu verlassen.
Ernas Eltern kamen bei Verwandten in Leipzig unter. Die junge Familie Levison zog zunächst nach Düsseldorf in die Hüttenstraße 25. Nur wenige Monate später flüchteten sie vor dem Terror der Nazis nach Amsterdam.
Doch auch in Holland gerieten sie später in die Hände der Nationalsozialisten und wurden für mehrere Jahre im „polizeilichen Judendurchgangslager“ Westerbork festgehalten. Norbert Levison wurde 1943 von dort nach Warschau, seine Frau Erna und seine Tochter wurden noch im selben Jahr nach Auschwitz deportiert.
Was mochten Norbert, Erna und Ulla Levison dort in der Zeit bis zu ihrem Tod erlebt, gedacht, gefühlt haben? – Das Gedicht „Ich möchte leben“ der jüdischen Autorin Selma Meerbaum-Eisinger, (die mit 18 Jahren in einem Konzentrationslager in der Ukraine umkam), das der Schauspieler Jochen Ganser beim Festakt vortrug, vermittelte allen Anwesenden eine Ahnung davon.
Es folgten Ansprachen des Bürgermeisters der Stadt Ratingen, Harald Birkenkamp, und des Schulleiters der MLKG, Michael Kreft, die den beteiligten Schülern und Lehrern für ihr großes Engagement dankten. Zum Festakt waren auch der Vorsitzende (Herr Fridman) und weitere Mitglieder des Jüdischen Kulturvereins „Schalom“ gekommen, der sich seit Jahrzehnten darum bemüht, das Schicksal der Jüdischen Gemeinde Ratingens während des NS-Regimes ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu heben..
Nach der Verlegung der „Stolpersteine“, begleitet durch den Vortrag des Gedichtes „Erinnern wir uns“ (aus einem jüdischen Gebetbuch) – diesmal durch drei Schüler/innen – lud der Projektkurs zu einer geführten Begehung der bereits 2005 verlegten Gedenksteine ein. An jeder Station erinnerten sie sachkundig an die jeweiligen Schicksale der Opfer. Sie hinterließen weiße Rosen als Zeichen ihrer Trauer, aber auch ihres Respekts und ihrer Verbundenheit.
Der Projektkurs lädt außerdem zum Besuch des Medienzentrums ein. Dort wird derzeit ein Teil der Ausstellung „1042 km – von Ratingen nach Auschwitz“ (s.u.) gezeigt.

(PFIN)